Synoptische Übersicht Mittelfrist - täglich mittags

syn Vorhersage

Synoptische Uebersicht - Mittelfrist

T ausgegeben am Dienstag, den 23.04.2024 um 10.30 UTC
Strömungs- und Luftmassenwechsel - von Süden her wärmer, dabei nach Westen hin leicht wechselhaft.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 30.04.2024 Gut eine Woche ist es her, dass bei uns zwei Kaltfronten durchmarschiert sind, die ihren Namen wohlverdient hatten. Seitdem ist es verdammt frisch geworden im Deutschen Lande. Kein Wunder, haben sich doch kalte Luftmassen aus hohen Breiten breitgemacht, die in Verbindung mit einem fetten Potenzialtrog sowie kurzen Wellen für spätwinterliche Schlagzeilen sorgten und auch noch sorgen: Schneefälle teils bis ganz runter mit erheblichen Verkehrsbehinderungen bis hin zu Autobahnsperrungen, Graupelschauer und Kaltluftgewitter, dazu leichte bis mäßige Luft- und Bodenfröste. Heute früh wurden an einigen Stationen im höheren Erzgebirge sogar Temperaturen um oder sogar unter -10°C gemessen (strenger Frost!), wohlbemerkt in 2 m Höhe - Freunde, geht´s noch, auch wenn höhere Erzgebirgstäler durchaus prädestiniert sind für solch atmosphärische Faxen. Nun streben wir kalendarisch ja mit Macht auf den Mai zu und es stellt sich die Frage, ob es nicht nur von der klimatologischen Erwartungshaltung, sondern auch aus Sicht der numerischen Wettervorhersage berechtigte Hoffnung gibt, die spätwinterliche Talsohle zu verlassen. Antwort: Ja, die Hoffnung ist da, es wird wärmer. Wann, wie viel und warum lest ihr im Folgenden.
Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Freitag ist der südliche Teil des aktuell noch bis in den Mittelmeerraum reichenden Langwellentrogs vollkommen verschwunden. Ursache ist ein knackiges Höhentief, das von der Irminger See (Mittwoch) westlich an UK/Irland vorbei zum Seegebiet knapp westlich der Biskaya zieht, wo es Freitagmittag anlandet. Dabei wird eine Austrogung über dem nahen Atlantik initiiert, auf dessen Vorderseite wiederum kräftige WLA in Gang kommt. Folgerichtig steigt das Geopotenzial über Mitteleuropa an und die Höhenströmung dreht zurück von aktuell Nordwest über West auf Südwest. Vergleicht man die Potenzialfelder von morgen Mittwoch und dem kommenden Samstag ohne auf das Dazwischen zu schauen, könnte man meinen, der LW-Trog hätte sich schlicht und einfach nach Westen zurückgezogen. Nun, so simpel laufen die Prozesse in der Atmosphäre freilich nicht ab, was uns in diesem Fall aber schnurzpiepegal sein kann - Hauptsache raus aus dem Tal. Im Bodendruckfeld erstreckt sich am Freitag eine mehrkernige Tiefdruckzone von der Biskaya bis hoch nach Fennoskandien, die vor allem in der Nordwesthälfte für unbeständiges Wetter sorgt (zeitweilige Regenfälle, vielleicht sogar ein kurzes Gewitter). Nach Süden und Südosten hin beginnt es dagegen allmählich abzutrocknen (Wolken-Sonne-Mischung, wenig Schauer, an den Alpen und im höheren Vorland sogar längere sonnige Phasen). Auch thermisch geht es bergauf. So verschiebt sich die 0°C-Isotherme auf 850 hPa bis zum Abend über die Norddeutsche Tiefebene. Nördlich davon verbleibt die Temperatur noch leicht im Minus, während an den Alpen bereits +6°C anvisiert werden.
 
 Am Samstag
fällt der Luftdruck über der Biskaya, wodurch das dortige flache Tief etwas mehr Kontur bekommt. Es zieht im Tagesverlauf dicht an Brest vorbei in Richtung Südengland, wobei die zugehörige teilokkludierte Kaltfront über Frankreich ostwärts vorankommt. Derweil kippt der leicht nach Südwesten geneigte Höhentrog etwas gegen den Uhrzeigersinn, was bei uns die Strömung noch weiter rückdrehen lässt. Die andauernde WLA und der damit verbundene Potenzialgewinn verleihen der südwestlichen Höhenströmung einen stark antizyklonalen Einschlag, was sich auch wettertechnisch bemerkbar macht. So scheint in weiten Landesteilen trotz mal mehr, mal weniger in Erscheinung tretender Wolken die Sonne und es bleibt weitgehend trocken. Etwas wolkiger gestaltet sich der Samstag im Westen und Nordwesten quasi im Vorfeld der o.e. Kaltfront, wo zudem die Schauerneigung höher ist. Auf alle Fälle macht die Erwärmung weitere Fortschritte, wozu auch der in den Alpen einsetzende Südföhn seinen Beitrag leistet.
 Am Tagesende liegen die 850-hPa-Temperaturen zwischen 6°C an der Grenze zu Dänemark und 11°C im Süden und Südwesten.
 
 Am Sonntag
zieht das Bodentief weiter über England hinweg nach Schottland. Die zugehörige schleifende Kaltfront nähert sich dem Vorhersageraum und wird diesen in Teilen sehr wahrscheinlich auch kapern (Westen/Nordwesten). Neben der Verteilung der Feuchtefelder wird das insbesondere an der niedertroposphärischen Abkühlung im Nordwesten deutlich (um 18 UTC
T850 nur noch um 4°C an den Grenzen zu BeNe), während die zweistellige Warmluftblase in die Südosthälfte ausweicht (evtl. reicht vereinzelt für zumindest aufgerundete 25°C). Mit Durchschwenken eines flachen Randtrogs nimmt die Höhenströmung eine zyklonalere Kontur an und die Front wird zeitweise etwas aktiviert. Aus der genannten Konstellation erwächst folgende Faustregel für den Sonntag: je weiter im Osten, desto sonniger und wärmer, in und an den Alpen weiterhin Föhn. Nach Westen hin Schauer, vielleicht Gewitter, weniger warm, aber nicht kalt.
Zu Beginn der neuen Woche regeneriert sich der Trog über dem nahen Atlantik immer wieder neu. Gleichzeitig kräftigt sich ein Höhenrücken über dem nahen Osteuropa respektive dem östlichen Mitteleuropa. Für Deutschland bedeutet das weiterhin eine südliche, tendenziell aber leicht rückdrehende Höhenströmung, in der der antizyklonale bis in die erweiterte Mittelfrist nach Dienstag peu a peu zunehmen soll. Gleichwohl hält die nach wie vor schleifende Kaltfront im Westen zumindest anfangs noch dagegen, bevor sie sich Richtung Wochenmitte (die ja mit einem Feiertag garniert ist - 1.Mai) entweder nach Westen zurückzieht oder beginnt sich aufzulösen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Es gibt keine Zweifel, dass die spätwinterliche Brachialphase aus der zweiten Aprilhälfte kurz vorm in wenigen Tagen anstehenden Monatswechsel beendet wird. Wäre ja auch noch schöner, wenn sich das Ganze bis in den Mai schleppen würde. Mit anderen Worten, der neueste Lauf von IFS (ECMWF) von heute 00 UTC
bestätigt den eingeschlagenen Kurs der Vorläufe. Abgesehen von kleineren Unschärfen, die in einer mittelfristigen Vorhersage aber völlig normal sind, kann die Modellkonsistenz als gut bezeichnet werden. Kurz die wesentlichen Merkmale der Entwicklung.

Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die anderen etablierten Globalmodelle scheinen sich auch mit dem Gedanken anfreunden zu können, die Strömungsverhältnisse umzukehren, um mal wieder wärmere Luftmassen ins Land zu lassen. Die scheinbare Verlagerung des Haupttroges zum nahen Atlantik sowie das über UK nord-nordostwärts ziehende Tief haben alle im Programm, wenn auch mit gewissen Toleranzen u.a. hinsichtlich Intensität, genauer Zugbahn und Timing des Tiefs. So brauchen z.B. UK10 und auch das kanadische GEM etwas länger als die anderen, um die Kaltluft endgültig aus dem Norden des Landes rauszuschmeißen. Auch wird die schleifende Kaltfront in ihrer Wirkung im Allgemeinen und ihrer östlichen Ausdehnung im Speziellen etwas unterschiedlich behandelt.
 Am grundlegenden Fahrplan - und um den geht´s vornehmlich in der Mittelfrist - ändert das nichts.

Bewertung der Ensemblevorhersagen
Wenn es auf Basis der deterministischen Vorhersage "nur" KEINE ZWEIFEL an der bevorstehenden Erwärmung gibt, sind es nach Durchsicht der probabilistischen Tools ÜBERHAUPT KEINE ZWEIFEL. Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutsche Städte zeigen einen wunderbar eng gebündelten Kurvenverlauf (Potenzial 500 hPa und Temperatur 850 hPa), wie man ihn nicht alle Tage präsentiert bekommt. Selbst nach hinten raus Richtung erweiterte Mittelfrist hält sich die Spreizung der Kurven in Grenzen. Allerdings gibt es ein paar wenige Ensembles, die nicht so rechten Bock auf eine durchgreifende Erwärmung haben bzw. die schleifende Kaltfront relativ weit nach Osten vorankommen lassen. Mal sehen, ob sich diese Außenseiter behaupten können. In den sechs Clustern, die für Freitag/Samstag (T+72...96h) angeboten werden (und die sich für den mitteleuropäischen Bereich augenscheinlich nicht unterscheiden) wird sehr schön deutlich, wie sich das großräumige Potenzialminimum vom Kontinent zum nahen Atlantik verlagert.
 Von Sonntag bis Dienstag (T+120...168h) verringert sich die Zahl der Cluster auf vier, von denen die ersten drei von NAO(-) in die Blockierung rutschen. Nur CL 4 verbleibt noch im Regime NAO(-), was im Grundmuster aber kaum auffällt. So oder so liegt Deutschland unter einer südlichen Höhenströmung, die sich nur in Nuancen unterscheidet (von geringfügig zyklonal über neutral bis zu geringfügig antizyklonal). In der erweiterten Mittelfrist ab Mittwoch (T+192...240h) werden nur noch drei Cluster angeboten, die alle dem Regime "Blockierung" zugeordnet sind. Dabei ist aber tendenziell zu erkennen, dass der Trog seinen Einfluss etwas nach Osten und somit auch auf den Vorhersageraum ausdehnt. Das deckt sich übrigens mit der Beobachtung, dass die Signaldichte des Niederschlags in den Rauchfahnen zum Ende hin wieder etwas zunimmt. FAZIT: Die Erwärmung kommt, ohne dass der Topf gleich überkocht. Unschärfen betreffen vor allem die schleifende Kaltfront im Westen (Wirkung, Progression etc.).
 Am Generalkurs ändert das nichts.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen Allzu viel ist nicht rauszuholen auf dem Sektor signifikanter Wettererscheinungen. Da wäre nur eine leicht erhöhte, aber keine überbordende Gewitterwahrscheinlichkeit in der West- bzw. Nordwesthälfte ab Samstag. Für Details ist es aber noch deutlich zu früh. Außerdem kommt es am Wochenende in den Alpen zu Südföhn mit der Gefahr von Sturm in anfälligen Hochlagen. Basis für Mittelfristvorhersage MOS-Mix mit IFS-EPS.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann

Datenbasis : Deutscher Wetterdienst - Text ungekuerzt

Übersicht - Mittelfrist

Die Synoptische Übersicht - Mittelfrist zeigt auf der Grundlage der verschiedenen Modellrechnungen die Einschätzung und Entwicklung des Wetterverlaufs für den  Zeitraum 3. bis 7. Folgetag.
Erläuterungen zum Aufbau des Berichtes sowie die Bedeutung der speziellen Begriffe und Abkürzungen finden Sie hier 
 
     open  Aufbau und Erklärungen  

Nach oben